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EDITION MUSIK SÜDOST

Joseph Kratochwill

(1763-1839)

Temeswarer Domkapellmeister und Komponist

Von Dr. Franz Metz

 

Zwischen 1818 und 1839 war Joseph Kratochwill (* 4. März 1763 Chrudimer Bezirk, Böhmen, + Winter 1838 oder 1839 in Temeswar-Fabrikstadt) als Domkapellmeister in Temeswar tätig. Er kam um 1800 in das  Banat, ließ sich in Temeswar nieder und war ab 1813 Musiklehrer an der Normalschule. Der Zustand der Banater Kirchenmusik hing meist vom finanziellen Wohlstand der betreffenden Gemeinde ab und so waren die herrschaftlichen Gutsbesitzer in vielen Fällen wahre Förderer des kirchenmusikalischen Lebens. Beispielsweise wurden am 24. September und 15. Oktober 1826 in der Pfarrkirche zu Lazarfeld (Lazarevo) in der Anwesenheit der herrschaftlichen Familie zwei Messen des "Kompositeurs Bayer" aufgeführt, welche Kapellmeister Joseph Kratochwill aus Temeswar leitete.

Aus dem Jahre 1835 ist uns ein Schreiben des damaligen Temeswarer Domkapellmeisters Joseph Kratochwill erhalten geblieben, der sich für die Unterstützung des Orgelbauers Johann Josephy beim Csanader Domkapitel eingesetzt hat:

 

Hochwürdigstes Csanader Dom Capitul!

Gnädige Hochgebiethende Herrn Herrn!

Da dermahlen hierlandes kein geschickterer Orgelbauer vorfindig wäre, der die Einsicht und Erfahrung beim Orgelbau bewiesen hätte, als der Orgelbauer Johann Josephy, der die Domorgelreparatur mit seinem Sohn bewerkstelligt, und mehrere ansehnliche Orgeln im Lande bereits erbaut hat. An einen solchen Mann, den man bei jedem mindesten Zufall bei Handen haben kann, wodurch andwärtige, weitschichtige, zweifelhafte und kostspielige Erkundigungen wie Bestellungen vermieden werden können möchte doch etwas gelegen sein, um ihn hierlandes zu erhalten und sein ferneres Fortkommen zu sichern, welches durch besondere einsichtsvolle Gnade Sr. Bischöflichen Gnaden sehr leicht erreicht könnte werden, wenn Ein Hochwürdigste Capitul inständigst der jetzo von diesem Orgelbauer Johann Josephy bewerkstelligten Domorgel Reparation, demselben bei Sr. Bischöflichen Gnaden anzuempfehlen, womit dieser Mann hierlandes in Banat, als Dioecesan Orgelbauer anerkannt, aufgenommen und bei denen betreffenden HH Dechanten und Pfarrern quatalis anempfohlen werden wolle. Für diese Gnade verpflichtet sich der Orgelbauer Johann Josephy, die bei der Domorgel vorfallenden kleinen Deffecten so lange er lebet gratis zu reparieren.

Ein Hochwürdigstes Capitul geruhe diesem meinen gehorsamst bittenden Vorschlag, welcher sich nun auf einen guten und in der Dioeceses, so zu sagen, nothwendigen Endziel (?) gründet, gnädig berücksichtigen, diesen Orgelbauer Josephy, um sein Fortkommen hier Landes auf eine Art zu sichern, bei Sr. Bischöflichen Gnaden huldreichst anzuempfehlen.

Temesvar den 10. Novembris 1835.

Eines Hochwürdigsten csanader Dom Capituls

gehorsamster Diener

Joseph Kratochwill

Domkapellmeister

 

Von den Kompositionen Kratochwills sind uns nur ganz wenige erhalten geblieben:

- Aria ex C, für Sopran-Solo, Oboen, 2 Flöten, 2 Hörner und Streichquartett, Orawitza, um 1810;

- Missa Solenis in C, für Soprano, Alto, Tenore, Basso, 2 Violini, 1 Viola, 1 Flauto, 2 Oboen, 1 Fagott, 2 Corni, 2 Clarini, 1 Contra Fagott, Organo, Contra Basso et Violoncello, Timpani. Diese Noten wurden „von dem Herren Apotheker Rothmänner der (Temeswarer) Stadtpfarrkirche geschenkt.“ Das Aufführungsmaterial besteht aus einer umfangreichen Partitur aus der Feder des Komponisten und aus zahlreichen Stimmen, die ebenfalls von ihm abgeschrieben wurden;

- Aria de Tempore Dulcis Jesu, fons amoris, abgeschrieben vom Lugoscher Regenschori Adam Reimholz (um 1830);

- Veni Sancte Spiritus (komp. 1841), für gemischten Chor und Orchester (im Besitz der Ungarischen Nationalbibliothek Széchényi, Budapest);

- Ecce quomodo moritur („…Aria, wenn der Hochwürdigste in das Grab getragen wird am Heil. Char-Freytag“), komp. um 1820, Weißkirchen;

- 4 Evangelien für 4 Singstimmen, („Zum Gebrauch bei dem Frohnleichnamsfeste. Letztes Werk von meinem Freunde, Sigl. Joseph Kratochwill, mir gewidmet, ex proprio Fr. Neukam“), komp. um 1820, Weißkirchen;

- 2 Evangelio pro Corporis Christi, „… componirt von Sigl. Joseph Kratochwill, weiland Domcapellmeister in Temesvar, mir gewidmet, Fr. Neukam, R. Chori ad Alba Ecclesiae“, um 1820, Weißkirchen;

- Veni Creator in D, „… Del Sig. Josepho Kratochwill, Cathedralis Ecclesiae Csanadiensis Regente Chori“, „Weisskirchner Chor, anno 1825, Fr. N.“

Joseph Mathieu, Organist der Temeswarer Vorstadt Fabrik, stellte am 10. Nov. 1857 eine Liste mit dem Inventar aller Musikalien und Instrumente der Temeswarer Vorstadtfabriquer römisch kath. Kirche zusammen, darunter befinden sich auch 43 größere und kleinere Kirchenmusikwerke Joseph Kratochwills:

 

An Musicalien, von der verwittweten Frau Kapellmeister Kratochwill geerbt:

a. Messen, componirt von Kratochwill

1. 4 Messen No. in G dur, Fd, Cd, u. Esd

2. No. 6 in As dur

3. No. 7 in B dur

4. No. 8 in G dur

5. No. 9 in B dur

6. No. 9 in C dur

7. No. 9 1/2 in B dur

8. No. 10 in C dur

9. No. 12 in C dur

10. No. 13 in Es dur

11. No. 16 in D dur

12. No. 17 in D dur

13. No. 19 in Es dur

14. No. 21 in Es dur

15. No. 23 in F dur

 

b. Gradualien componirt von Kratochwill

16. Nr. 11 Chor in C dur

17. No. 12 in Es dur

18. No. 16 in F dur bei No. 12

19. No. 18 in G dur

20. No. 19 in G dur bei No. 12

21. No. 21 in C dur Alleluja

22. No. 23 Pastorale

23. No. 24 Pastorale deutscher Text

24. No. 25 in D auch als Offertorium

25. No. 26 in C dur

 

c. Offertorien componirt von Kratochwill

26. No.3 in As dur

27. No. 5 in D dur bei No.3

28. No. 5 1/2 in D dur

29. No. 7 in Es dur

30. No. 9 in Es dur

31. No. 11 in C dur Solo für 2 Trompeten

32. No.12 in D dur

 

d. Verschiedene Kirchen-Compositionen von Kratochwill

33. Miserere

34. No. 4, 4 Stationen

35. No. 3, 4 Stationen

36. Salve Regina, deutsch, No. 1

37. Subvenito Sancti Dei No. 3

38. Te Deum

39. Veni Creator

40. Duetto No. 1 für Sopran u. Tenor in B

41. Duetto No. 2 für Soprane und Terz Hörner

42. Duetto No. 3 für 2 Soprane

43. Ecce Sacerdos No. 8. Graduale

 

BILDDOKUMENTATION

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2018

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