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EDITION MUSIK SÜDOST

Josef Emanuel Ranftl

(1786-1863)

Von Dr. Franz Metz

 

Die Geburtsdaten des Sängers, Pädagogen und Komponisten Josef Emanuel Ranftl sind noch nicht endgültig geklärt: laut den Angaben im Jubiläumsband des Lugoscher Gesang- und Musikvereins (Lugosch 1877) kam er im Jahre 1786 in Wien zur Welt. Es gibt aber noch eine zweite Quelle: Laut dem Traueintrag anlässlich seiner kirchlichen Trauung vom 10. August 1817 in der Paulaner-Pfarre zu Wien-Wieden soll er 24 gewesen sein (also 1793/94 geboren). In einer Gesangsstimme der Salzburger Dommusik finden wir den handschriftlichen Eintrag des Namens „Ranftl“, was vielleicht seine Mitwirkung im Knabenalter als Sopranist beweisen könnte. Später finden wir ihn als Sänger (Bassist) an vielen Theatern und Opernhäuser Österreich-Ungarns: 1819-1821 unter Christoph Kuntz in Klagenfurt; 1821 bis Sommer 1822 am Ständischen Theater Linz, Fach: erste Basspartien (Sarastro, Richard Boll), im Schauspiel Väter; ab August 1822 am Ständetheater Prag; 1824 am Theater in Ofen; 1825 bis mindestens Dezember 1827 am Theater Temeswar; April 1831 als Gast am Theater in der Leopoldstadt in Wien; ab 1832 wieder in Temeswar und Hermannstadt; 1838 am ständischen Theater Pilsen; 1839/40 in Ofen, Fach: Basspartien, Väter und alte Diener; im Subskribentenverzeichnis von J. M. Zimmermanns Mimischer Schrift-Lehre (Wien 1841) noch als Mitglied des Theaters in Ofen genannt.

Sein Name kommt auch im „Notizen-Buch“ Carl Maria von Webers vor, als dieser Direktor des Prager Ständetheaters war, allerdings stammt dieser Eintrag aus einer anderen Hand. Er war damals als Alternativbesetzung für den Rocco in Beethovens „Fidelio“ vorgesehen, doch diese Aufführung kam nicht zustande.

Wir wissen noch, dass Ranftl im Jahre 1846 in der Banater Stadt Lugosch (Lugoj, heute Rumänien) eine Gesangschule eröffnet hat, aus der namhafte Sängerinnen und Sänger hervorgegangen sind. Im Jubiläumsbändchen Fündundzwanzigjährige Thätigkeit des Lugoser Gesang- und Musik-Vereins 1852-1877 lesen wir darüber: „Um das Jahr 1846 kam Josef Ranftl, welcher in seiner Jugend Opernsänger mit Erfolg gewesen, mit der Theatergesellschaft unter der Direktion Friese nach Lugos. Nach der Saison von den oben schon erwähnten Familien aufgefordert hier zu bleiben und eine Gesangschule zu errichten, hat er sich veranlasst gefühlt den Wünschen nachzukommen und blieb“. Dieses damalige aufstrebende Musikleben in der Stadt an der Temesch ist besonders auch der Anwesenheit von Franz Liszt 1864 zu verdanken, der als Gast des Apothekers Franz Galliny hier eine privates Konzert gegeben hat. Diese kulturelle Entwicklung fand durch die revolutionären Ereignisse der Jahre 1848-49 ein Ende. Doch nur kurze Zeit danach konnte man diese Glanzperiode fortsetzen.

Im Jahre 1851 begann er mit vier Lugoscher Sängern (G. Liszka, Stefan Sas, Johann und Nikolaus Schieszler) Männerquartette einzustudieren: „Dies hielt der geniale, damals jugendfrische und thatkräftige P. C. Wusching für einen Fingerzeig, bei so regem Eifer für die Kunst, einen Gesangverein zu gründen, der nun in systematischer Weise zu wirken begann, den Geschmack läuterte und auf die musikalischen Zustände einen entscheidenden Einfluss ausübte“.

Im Jahre 1852 gründete der Lugoscher Gesang- und Musikverein seine Musikschule, deren erster Musiklehrer Josef Ranftl wurde. Über seine Erfolge als Lehrer dieser Gesang- und Musikschule berichtete selbst die Zellner´sche Zeitung aus Wien Blätter für Theater, Musik und Kunst, am 29. Juli 1862: „Wenn je eine Stadt auf ihre heimischen Kunstjünger stolz sein kann, so ist es die unsrige, weil aus derselben Künstler hervorgegangen, die mehr oder weniger ihre erste musikalische Anregung und Bildung hier genossen haben. Hierher zählen wir Frl. Fischer (Szvoboda-Fischer), die Berliner Hofopernsängerin Frau Bertha Moser (gegenwärtig in Düsseldorf), A. Angyalfy, später Konzertsängerin in England und letzterer Zeit in Budapest; Frl. Charlotte Dekner (Frau v. Hartzer), Violinvirtuosin, und Frl. Ilka Markovits (Frau Pauli-Markovits), erste Koloratur-Sängerin am Nationaltheater in Pest“. Außer Josef Emanuel Ranftl wirkten an dieser Musikschule noch folgende Musiker: Anton Burger (1853-57), Paul Maresch (1858-63), Leonhard Staab (1864-67), Josef Czegka (1868-71), Josef Weikert (1872-74), Ladislaus Predics (1875-77).

Im selben Jahr (1852) wurde Josef Ranftl zum Ehrenmitglied des Lugoscher Gesang- und Musikvereins ernannt: „Ranftl Josef, Opernsänger, letzterer Zeit Gesangslehrer in Lugosch“. Zu den Ehrenmitgliedern dieses Vereins gehörten viele namhafte Musiker jener Zeit, wie z.B. Franz Liszt, Franz Erkel, Michael Mosonyi (Budapest), Karl Rudolf Karrasz, Martin Novacsek, Vincens Maschek, Wilhelm Speer (Temeswar), Franz Glöggl (Musikalienverleger in Wien), Dr. Franz Egger (Vereinsvorstand des Wiener Männergesangvereins), Johann Herbeck (Hofkapellmeister in Wien), Johann Schläger (Domkapellmeister in Salzburg), Ferdinand Ritter von Paumgarten (Salzburg), Eduard Reményi (Violinvirtuose in Paris), u.a.

Wir wissen nicht, weshalb Josef Ranftl am 12. August 1852 Lugosch verlassen hat. In der Monographie des Lugoscher Gesang- und Musikvereins erfahren wir nur, dass er 1863 verstorben ist: „Am 19. Mai 1863 wurde das Ehrenmitglied Josef Ranftl im 77. Lebensjahre zu Grabe getragen. Zahlreiche Vereinsmitglieder begaben sich nach Daruvár, um dem um das Lugoscher Musikwesen hochverdienten Mann das letzte Geleite zu geben“. Daruvár (deutsch Darowa, rumänisch Darova), ist ein 14 km von Lugosch entferntes ehemals rein deutsches Dorf.

Josef Emanuel Ranftl hat uns zwei Werke für Bass-Solo und Orchester hinterlassen:

- Laudate nomen Domini (Offertorium), „comp. in Linz, den 22. August 1824 von Ranftl“, für Bass-Solo, 2 Violinen, Viola, Basso, 2 Flöten, 2 Klarinetten, 2 Hörner; dieses Werk ist als Autograph erhalten geblieben und gehörte zum musikalischen Inventar der Lugoscher Minoritenkirche.

- Laudate Dominum (Offertorium, Psalm 130), „für Basso-Solo und Orchesterbegleitung / dem / Herrn Rudolf Koschatzky / gewidmet, von seinem guten Freunde / Josef Emanuel Ranft´l / dem r. k. Kirchenchore zu Weisskirchen zugehörig / 1855“; der Name des Komponisten erscheint auf der Titelseite als „Ranft´l“; die katholische Pfarrkirche St. Anna in Weisskirchen (serb. Bela Crkva, ung. Fehértemplom, rum. Biserica Alba, heute serbisches Banat, Wojwodina, Serbien), hat im 19. Jahrhundert eine besondere kirchenmusikalische Blütezeit erlebt, die meisten Kirchenmusiker kamen aus Böhmen, z.B. Novacsek, Maschek, Weikert.

 

Quellen:

- Südosteuropäisches Musikarchiv, München

- Moritz Rosenzweig: Gedenkblatt aus Anlass des 50-jährigen Bestandes des Lugoser Gesang- und Musikvereines, Lugosch 1902

- Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theater-Forschung, XI, 1959, S. 142 (Herbert S. Mansfeld)

- Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe. Digitale Edition, http://weber-gesamtausgabe.de/A00088E (Version 3.2.1 vom 8. Januar 2018)

 

BILDDOKUMENTATION

 

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