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E D I T I O N   M U S I K   S Ü D O S T

Romanische Weisen aus dem Banate für Königin Elisabeth

Auf den Spuren des Banater Komponisten Vinzenz Maschek in fünf Ländern

Dr. Franz Metz

Unsere europäische Musikgeschichte kennt viele weisse Seiten, besonders wenn es sich um eine südosteuropäische Region, das damalige Südungarn (ung. Délmagyarország) handelt – in unserem Fall um das historische Banat des 19. Jahrhunderts. Zahlreiche Musiker begannen hier ihre Karriere oder ließen sich, aus anderen europäischen Regionen kommend, im „gesegneten Banate“ – wie es von Wilhelm Kienzl genannt wurde – nieder. Zum Beginn des 19. Jahrhunderts kamen viele Regenschori, Musiklehrer, Instrumenten- und Orgelbauer aus Böhmen in das Banat. Charles Burney stellte 1772 fest, „... daß die Böhmen unter allen Nationen in Deutschland, ja vielleicht in ganz Europa an meisten musikalisch wären; und ein berühmter deutscher Komponist, welcher gegenwärtig in London ist, hatte mich versichert, daß sie, wenn man ihnen nur gleiche Vorteile mit den Italienern verschaffe, diese gewiss übertreffen würden.“ [Carl Burneys / der Musik Doktors / Tagebuch seiner musikalischen Reisen / Dritter Band / Durch Böhmen, Sachsen, Brandenburg, Hamburg und Holland, Hamburg 1773] Dieser Bereich der Musikermigration ist bisher – trotz seines nach heutigem Verständnis höchst europäischen Charakters – noch nicht systematisch erforscht worden. Zu diesen Musikern gehört auch Vinzenz Maschek (um 1800-1875) [Den Namen Vinzenz finden wir auch unter der Schreibweise Vincens, Vinzens, Vincenz].

 

In die Musikgeschichte ist bisher nur jener Vincenc Mašek [Maschek] eingegangen, der 1755 in Zvikovec/Zwikowitz zur Welt kam und 1831 in Prag verstorben ist. Dieser war als Chorregent an St. Nicolai in Prag tätig und komponierte zahlreiche Werke, die in der ganzen Monarchie eine beachtliche Verbreitung fanden. Dessen Bruder war Paul [Pavel] Lambert Maschek (* 14. September 1761 Zvikovec/Zwikowitz, + 22. November 1826 Karansebesch) und war ebenfalls als Komponist tätig. Er schrieb u.a. zwei Ballette und zwei Singspiele, die 1793 und 1799 in Wien aufgeführt wurden. Von seinen Schülern wirkten einige auch im Karansebescher Kirchenorchester mit. [Anton Peter Petri: Biographisches Lexikon des Banater Deutschtums, Mühldorf am Inn 1992; MGG] Anderen Quellen nach soll Paul Lambert Maschek in Wien gestorben sein.

 

Auch die Söhne von Vincenc Maschek waren Musiker und Komponisten: Kaspar (* 1794 Prag, + 1873 Ljubljana/Laibach) und Albin (* 1804, + 1878 Prag). Jener Vinzenz Maschek aber, um den es in dieser Arbeit geht, war vermutlich der Sohn des Paul Lambert Maschek. Sein Wirkungskreis hat einen engen Bezug zum Banater Bergland wie auch zur Militärgrenze, also Regionen des damaligen Südungarn. Einer der Orte, wo er als Lehrer tätig war, hieß Starcevo/Starcsowa und befindet sich in der Nähe von Pancevo/Pantschowa (heute Serbien), also im Bereich der damaligen Militärgrenze. Auch sein anderer Wirkungsort Ruskberg/Rusca Montana, wo er die Musikkapelle dirigiert hat, befindet sich in der Nähe der Banater Stadt Karansebesch. Da wir über keine weitere biographische Daten von Vinzenz Maschek verfügen, könnte er in der Zeit zwischen 1800 und 1875 gelebt haben.

 

Das älteste Manuskript das mit seinem Namen in Verbindung gebracht werden kann, stammt aus dem Jahre 1823 und ist ein Graduale für Tenor-Solo, Chor, Orgel und Orchester, signiert mit „Vicenz [sic!] Maschek, Weisskirchner Chor 1823.“ Es könnte sich dabei auch nur um eine Abschrift handeln.

 

Bereits im November 1846 gab der „Klavierheros“ Franz Liszt im Rahmen seiner letzten großen Konzerttournee, die ihn bis Bukarest und Kiew führen wird, in Temeswar, Lugosch und Arad einige Konzerte. Es ist anzunehmen, dass auch unser Komponist und Pädagoge Vinzenz Maschek diese Auftritte in Temeswar begeistert miterlebt hat. Ein Jahr später, 1847, konzertierte Johann Strauss Sohn mit seiner 20 Mann starken Kapelle auf ihrem Weg nach Hermannstadt, Klausenburg und Bukarest in mehreren Orten des Banats, so in Pantschowa, Temeswar und Arad.

 

Vinzenz Maschek widmete noch als Musikdirektor der Kapelle in Ruskberg dem damaligen Kapellmeister Johann Strauss einen Walzer, dessen Autograph in der Wiener Stadtbibliothek aufbewahrt wird: Carnevals-Erinnerungen. Walzer für das ganze Orchester, componirt und Seiner Wohlgeboren, dem Herrn Kapellmeister Herrn Johann Strauss hochachtungsvoll gewidmet von Vincens Maschek, Musik-Director der Ruskberger Berg-Kapelle. Durch die Anwesenheit von Johann Strauss Sohn mit seiner Kapelle im Herbst des Jahres 1847 im Banat, wurde bisher angenommen, dass Maschek dieses Werk vermutlich dem neuen Walzerkönig gewidmet hat. Da aber Maschek bereits 1846 als Musiklehrer des Temeswarer Musikvereins in die Banater Metropole kam, könnte es sich auch um eine Widmung an den Kapellmeister Johann Strauss Vater handeln, der ja bekannter war als der erst 21-jährige Sohn. Das Manuskript jedenfalls stammt aus der Zeit 1840-46.

 

Das Temesvarer Wochenblatt galt in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts als ein ständiger Begleiter der Temeswarer Musikszene. Der Leser konnte aber auch von wichtigen musikkulturellen Ereignissen des Auslands erfahren, deren Auswirkungen sich auf die einheimische Kultur niederschlugen. Die kulturelle Entwicklung nahm selbst in diesem entlegenen Gebiet der damaligen ungarischen Monarchie einen enormen und spektakulären Aufschwung: in dieser Zeit wurden im Banat die meisten Gesangvereine und Musikschulen gegründet, namhafte ausländische Musiker ließen sich hier nieder oder bewarben sich um eine Stelle als Kapellmeister, Kantor oder Lehrer. Sängerinnen und Solisten wollten in Temeswar, Werschetz, Arad, Orawitza oder Lugosch konzertieren. Im September 1846 brachte dieses Blatt folgende Nachricht: „Der neue Musiklehrer des Temeswarer Musikvereins wurde gewählt, es ist Vincenz Maschek, dermaliger Revisionsbeamter zu Ruskberg. Er hat in dieser Gegend bereits einen guten Ruhm als Pädagoge und Komponist errungen.“ Bereits 1845 ist der Temeswarer Männergesangverein gegründet worden und, wie es in größeren Städten so üblich war, wollte man für den Nachwuchs sorgen und hat deshalb eine eigene Musikschule ins Leben gerufen. Sowohl der Verein als auch die Musikschule hatten aber keine lange Lebensdauer. Spätestens durch die politischen Umwälzungen 1848-49 musste deren Tätigkeit eingestellt werden.

 

Wie lange Maschek in Temeswar tätig sein wird, ist nicht bekannt. Es ist aber anzunehmen, dass er durch die Wirren der Revolution von 1848-49 diese Stadt verlassen und sich in Weißkirchen niedergelassen hat. Im Januar 1853 jedenfalls muss er schon in Weisskirchen als Regenschori tätig gewesen sein, da seine Messe für den Kinderverein in dieser Stadt mit dem 6. Januar 1853 datiert ist: Messe in C für Sopran, Alt, Tenor et Bass, 2 Violinen, Viola, Violoncello, Contrabasso et Organo, 1 Flöte, 2 Clarinetten C, 1 Fagott, 1 Contrafagott, 2 Corni C, 2 Trombi C, Trombone et Tympani in C.G. componirt und dem Kinderverein in Jesu verehret von Vincens Maschek Organist an der Pfarrkirche zu Weisskirchen.

 

Die Zeit als Regenschori an der katholischen Pfarrkirche St. Anna in Weisskirchen war für Maschek mit vielen neuen Kompositionen verbunden. Hier schrieb er eine große Anzahl kirchenmusikalischer Werke, die er der „Bürgerschaft“ von Weisskirchen, dem Männergesangverein oder hohen und höchsten Würdenträgern auch außerhalb dieses Ortes gewidmet hat. Eine Messe samt Graduale und einem Offertorium widmete er vermutlich noch in der Jahreshälfte 1853 seinen Weisskirchner Mitbürgern: Messe nebst Graduale und Offertorium componirt und der sehr geehrten römisch-Katholischen Bürgerschaft von Weisskirchen hochachtungsvoll zugeeignet von Vincens Maschek Organist an der r. k. Pfarrkirche in Weisskirchen. Eine weitere Messe dieses Jahres trägt die Widmung: „...componirt und dem Männer-Gesang-Verein zu Weisskirchen hochachtungsvoll zugeeignet von Vinzenz Maschek Organist und Regenschori an der Pfarrkirche zu Weisskirchen.“ Ebenfalls 1853 schrieb Vinzenz Maschek noch ein Lied bey Begräbnissen für gemischten Chor (datiert „Im Monath Jänner 1853“), ein Tantum ergo für gemischten Chor und Orchester wie auch ein Oratorium für die Charfreytags-Feyer.

 

Aus der Weisskirchner Zeit stammen noch zwei größere Kompositionen, die nicht nur das beachtliche kompositorische Talent Mascheks beweisen, sondern auch vom hohen Niveau der Musikkultur dieser Kleinstadt sprechen. Wie man aus einem Großteil des Aufführungsmaterials feststellen kann, wurden diese Werke mehrmals öffentlich aufgeführt. Trotzdem war Maschek in diesem Amt als Regenschori dieser Kleinstadt nicht ganz glücklich. Dies beweist die Widmung seines Offertoriums Tu totus est mirabilis an den Erzbischof von Eger/Erlau in Ungarn, Adalbert von Bartakowics (Offertorium: Tu totus est mirabilis / Sr. Excellenz dem Hochwürdigsten Herrn Adalbert von Bartakowics de Kiss Apony Erzbischof von Erlau, u. Sr. k. k. Majestät wirklichem geheimen Rathe, tiefehrfurchtsvoll gewidmet von Vinzenz Maschek Organist und Regenschori an der r. k. Pfarrkirche in Banat-Weiskirchen). Dieses Werk konnte vor einigen Jahren im Dommusikarchiv zu Erlau entdeckt und auf eine CD mit Kirchenmusikwerken Banater Komponisten eingespielt werden. Im selben Archiv konnte ein weiteres Offertorium für Bass-Solo, Posaune und Orchester gefunden werden: Hymnus / Hochwürdigsten Herrn Bischof von Boson Herrn Ignatz von Fábry Abt des heil. Martin v. Bults, Csánader Domherr, Consistorial Rath etc. etc. in tiefster Ehrerbiethung gewidmet.

 

Zwei seiner weiteren Kompositionen, die ebenfalls in Eger/Erlau entdeckt werden konnten, sind dem Weihnachtsfest (Graduale Pastorale) und der Mutter Gottes (Ave Maria et Salve Regina) gewidmet. Dieses Ave Maria hat Vinzenz Maschek als Autograph in Partiturform mit einem prunkvollen Einband versehen nach Wien gesendet. Heute liegt es in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek und trägt den vollständigen Titel: Ave Maria. Sopran-Solo mit Orchester-Begleitung componirt zu Ehren der seeligsten Jungfrau MARIA für die k. k. Hof-Burg-Capelle von Vinzenz Maschek gewesener k. k. prov. Grundbuchs-Actuar in Temesvár. Maschek widmete also dieses Werk, das einige Jahre zuvor in Temeswar entstanden ist, der kaiserlich-königlichen Hofburgkapelle in Wien. Die Hofmusikkapelle der Wiener Hofburg wurde unter Kaiser Maximilian I. um 1498 gegründet und wird auch noch als die Heimat der Wiener Sängerknaben bezeichnet.

 

Durch Vinzenz Maschek ist der Name der Stadt Weisskirchen bis in die Wiener Hofburg gelangt. Er war stets ein treuer Diener nicht nur der „Bürgerschaft“ seiner Kirchengemeinde sondern auch seinem König, was die folgende Messe beweist, die er zum „glorreichen Geburtstag“ Franz Josef I. komponiert hat: Messe nebst Graduale und Offertorium für 4 Singstimmen mit Begleitung des Orchesters componirt für das Glorreiche Geburtsfest Seiner Majestät unseres allergnädigsten Kaisers und Königs Franz Josef I. anno 1856 von Vinzenz Maschek Organist und Regens-Chori in Banat-Weisskirchen. Es handelt sich dabei um eine umfangreiche Ordinariumsvertonung, die vermutlich nie erklingen konnte. Wie üblich, wurden solche Geschenke und Widmungen höchstens wahrgenommen und durch die Sekretäre und Bediensteten „ad acta“ gelegt. Auch dieses Werk konnte in Wien vor einigen Wochen entdeckt werden.

 

Das gleiche Schicksal ist vermutlich auch einer nächsten Widmung Mascheks an den Kaiser widerfahren: Deffilir-Marsch componirt als Klänge aus der k. k. Deutsch-Banater Militär Grenze und Seiner k. k. Apostolischen Majestät, dem Allergnädigsten Herrn, Herrn Franz Josef I. in tiefster Ehrfurcht zugeeignet von Vinzenz Maschek Lehrer in Starcsova in der k. k. Deutsch-Banat. Mil. Grenze. Dieses Werk ist nach seiner Tätigkeit als Regenschori in Weisskirchen entstanden, als er in Starcevo / Starcsova als Lehrer einige Zeit gewirkt hat. Darin hat Maschek, wie er im Titel festlegt, Klänge – also Volksliedmotive – aus dem Gebiet der Militärgrenze miteingearbeitet.

 

Im Jahre 1864 führte der damalige Domkapellmeister Moritz Pfeiffer mit dem Chor und dem Orchester der Temeswarer Domkirche Haydns berühmte Nelson- und Paukenmesse auf. Zwei Jahre später, also 1866, wurde nach den Berichten von Desiderius Braun die von dem Temeswarer Komponisten Wenzel [Vinzenz?] Maschek komponierte Festmesse gesungen. Maschek war also bereits wieder in Temeswar tätig. [In seiner Arbeit Kirchenmusiklehrer im Banater Ort Weißkirchen im 19. und 20. Jahrhundert nennt Zivan Istvanic diesen Komponisten „Venceslav Masek“, also Wenzel Maschek. Vermutlich handelt es sich aber um Vinzenz Maschek.]

 

Im Jahr des österreich-ungarischen Ausgleichs, am 8. Juni 1867, dem Krönungstag, fanden in ganz Ungarn große Festlichkeiten statt. Budapest – die ungarische Hauptstadt war damals noch offiziell dreigeteilt – strahlte nicht nur durch die vielen geschmückten Häuserfassaden und festlich gekleideten Menschen. Der Krönungszug wurde von schmetternden Trompeten und einer Abteilung Husaren angeführt, gefolgt von den Hofpagen, der Leibwache, den Magnaten des Königreichs, Fahnenträgern und dem Grafen Gyula Andrássy, der die Stephanskrone auf einem Kissen trug. Diesem folgte Franz Joseph in der Uniform eines ungarischen Generals und – als unbestrittener Höhepunkt des Zuges – die Königin in einer von acht Schimmeln gezogenen gläsernen Kutsche. Selbst der Pester Lloyd schrieb in einem Bericht: „... Das Erscheinen der Königin rief hier an heiliger Stätte einen tiefen und nachhaltigen Eindruck hervor.“ Franz Liszt komponierte für diese außergewöhnliche Festlichkeit in der Mathiaskirche seine Krönungsmesse.

 

Königin Elisabeth – als Sisi in die Geschichte eingegangen – wurden von allen Seiten, selbst aus den entferntesten Provinzen der Monarchie, unzählige Geschenke und Andenken an diesen Tag überbracht. Vinzenz Maschek sandte der beliebten ungarischen Königin seine ganz originelle Komposition mit rumänischen Motiven aus dem Banat. Dieses Autograph wird in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien aufbewahrt und hat folgenden Titel: Romanische Weise aus einer National-Melodie für das Piano-Forte übertragen, und zum Andenken aus dem Temeswarer Banate bei Gelegenheit der Krönung Sr. Majestät des Königs von Ungarn Franz Josef I. in tiefster Ehrfurcht gewidmet Ihrer Majestät Elisabeth als gekrönte Königin von Ungarn von Vinzenz Maschek Professor der Musik in Temesvár. Zu bemerken wäre, dass auf der imposanten Titelseite nicht der Name des Königs sondern jener der Königin Elisabeth kalligraphisch hervorgehoben wird.

 

Dies war allerdings nicht seine erste Komposition, die Vinzenz Maschek Königin Elisabeth gewidmet hat. Im Jahre 1856 erschien bei Spina in Wien sein Wiegenlied, op. 5, gewidmet der ersten Tochter Elisabeths, Prinzessin Sophie, geboren 1855, die schon mit zwei Jahren verstarb. [Musikalisch-literarischer Monatsbericht neuer Musikalien, musikalische Schriften und Abbildungen für das Jahr 1856, redigiert von Adolph Hofmeister, Leipzig 1856.] Nachdem im Monat August 1858 Kronprinz Rudolf zur Welt gekommen ist, schickte er diesmal ein originelles Geschenk nach Wien, prachtvoll eingebunden, auf einem speziellen Notenpapier eigenhändig niedergeschrieben, mit Goldschnitt versehen: Wiegenlied componirt und Sr. Majestät unseren allgeliebten Landesvater Franz Josef I. und Ihro Majestät unserer allgeliebten Landesmutter Elisabeth für Sr. kaiserlichen Hohheit den neugeborenen Prinzen in tiefster Dehmuth dargebracht von Vinzenz Maschek.

 

Das Datum seines Umzugs nach Temeswar kann leider kaum festgestellt werden. Vermutlich kam er in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts wieder nach Temeswar zurück. Diesmal war er als freischaffender Komponist, Pädagoge und als Gesangslehrer und Organist an der Synagoge tätig. Dies erfahren wir aus einer Widmung an den Domherrn Friedrich Konrad aus Temeswar: Offertorium für Bass-Solo mit Begleitung von Sopran, Alt, Tenor, 2 Violinen, Viola, Violon, Orgel 2 Oboen, 2 Hörner, 2 Trompeten (adl.) Trombone u. Pauken componirt und Seiner Hochwürden Herrn Friedrich Konrád Jubilar Priester, Abt der hl. Jungfrau Belli Fontis de Valle Vuta alias Unta, Domherr der csanáder Dioecese, Curator des Dioecesan und Emeritirten-Fondus, Bischöflicher Comissär am Obergymnasium zu Temesvár, Prosynodal Examinator, Consistorialrath, Ritter des Franz Joseph Ordens etc. etc. ehrfurchtsvoll gewidmet von Vincenz Maschek Gesanglehrer und Organist bei der israelitischen Synagoge zu Temesvár. Diese Komposition konnte in Neuarad entdeckt werden und trägt auf der Titelseite den Namen des damaligen Kantors und Organisten Leopold Herrmann. Auf der Titelseite eines weiteren Offertoriums für Chor und Orchester hat der Komponist vermerkt: „... componirt von Vinzenz Maschek, Musik-Lehrer in Temesvár“.

 

Im Stift Vorau, Österreich, liegt ein weiteres Autograph eines Komponisten Maschek: das Offertorium O mi Deus amor meus, in F, für Bass-Solo, Clarinette- oder Violinsolo, Orgel und Orchester. Durch die Entstehungszeit dieses Manuskriptes zwischen 1835-1865 könnte es sich dabei um ein Werk des Banater Komponisten Vinzenz Maschek handeln. Eine Abschrift dieser Komposition befindet sich auch in der katholischen Pfarrkirche zu Hermannstadt / Sibiu (Siebenbürgen, Rumänien). Einige dieser Manuskripte stammen vom Chorleiter Rudolf P. Resch, der diese Komposition 1929 aufgeführt hat, ein älteres Stimmblatt trägt den Vermerk “1815, 24. Mai”.

 

Zwei weitere Kompositionen Mascheks wurden im 19. Jahrhundert in der katholischen Kirche zu Pantschowa / Pancevo (heute Serbien, Banat) aufgeführt: das Pastoral-Terzett O Jesu mi dulcis für Sopran-, Alt- und Baritonsolo, Orgel und Orchester (datiert 1870) und das Offertorium Magna es Domino für Chor, Orgel und Orchester (dariert 1879). Beide Aufführungsmaterialien stammen vom Organisten und Regenschori Anton Horner aus Franzensbad (Böhmen), der nach 1880 das Amt des Kirchenmusikers an der Pantschowaer katholischen Kirche (Minoritenkirche) übernommen hat.

 

Dass seine Kompositionen beliebt waren und immer wieder in Kirchen aufgeführt wurden, beweist eine Notiz in der Temesvarer Zeitung vom 31. Januar 1873: „Die durch den Organisten und Musiklehrer Vinzenz Maschek neukomponirte Vokalmesse mit Harmoniumbegleitung, welche bereits zu Weihnachten und am Neujahrstage in der römisch-katholischen Pfarrkirche der Vorstadt Fabrik mit vielem Beifall aufgeführt wurde, kommt auf vielseitiges Verlangen Sonntag am 2. Februar daselbst wieder zur Exekutirung.“ Als Regenschori wirkte damals noch Joseph Mathieu, der mehrmals Werke einheimischer Komponisten mit seinem Ensemble aufgeführt hat. Begleitet wurde der Chor auf dem vom Temeswarer Orgelbauer Joseph Hromadka erbauten Harmonium. Die kleine Orgel der damaligen Fabrikstädter Pfarrkirche (heute griechisch-katholische Kirche) wurde von dem Fabrikstädter Orgelbauer Johann Josephy erbaut und musste öfter repariert werden. Aber auch so war in jener Zeit das Harmonium immer mehr bevorzugt, speziell wenn es sich um eigens dafür komponierte Werke handelte.

 

Es bedarf noch so mancher Schritte, um die Biographie des Banater Komponisten Vinzenz Maschek zu vervollständigen. Seine Spuren können heute in Rumänien, Serbien, Tschechien, Ungarn und Österreich verfolgt werden, wo seine Werke aufgeführt wurden. Betrachtet man seine Arbeiten etwas näher so muss man feststellen, dass diese nicht nur eine Vielfalt von Gattungen aufweisen sondern auch teilweise mit größter Hingebung geschaffen wurden. Als eine Besonderheit muss man seine musikalische Widmung an Königin Elisabeth betrachten: der böhmische Musiker aus dem Banat widmete der Königin von Ungarn Variationen auf rumänische Volksmusikthemen für das Klavier. Maschek gehört somit zu den ersten Musikern, die sich mit der rumänischen Folklore des Banats beschäftigt haben. Gleichzeitig weisen seine kirchenmusikalischen Schöpfungen nicht nur tiefgreifende Kenntnisse im kompositorischen Bereich sondern auch ein gutes Gespür in der Vertonung liturgischer Texte auf. Nimmt man noch die Tatsache in Betracht, dass er nebenbei als Organist an der Temeswarer Synagoge wirkte, so haben wir es mit einem vielseitigen Banater Musiker zu tun, dessen Wirken bis heute – zu Unrecht – in Vergessenheit geraten ist.

 

Oratorium für die Charfreytagsfeyer

Componirt v. V. Maschek

in Weißkirchen (heute Republik Serbien, Wojwodina, Serbisches Banat), serb.: Bela Crkva / ung.: Fehértemplom / rum.: Biserica Alba

Zeit: um 1840

für vierstimmigen gemischten Chor, Soli, 2 Violinen, Viola, Violoncello, Kontrabass, 2 Klarinetten, 2 Hörner, 2 Trombi, Posaune, Kontrafagott, Timpani.

 

Erster Teil

 

Adagio

Ouverture

Chor:  Bereite dich, o Christ, / wir gehen zum schmerzerfüllten Golgotha, / auf dessen fürchterlichen Höhn, / was nie ein Engel faßt, geschah!

Basso-Solo:  Erwach an diesem heilgen Orte, / des sterbenden Erlösers Worte. / Und rufe Gott um Glauben an!

Chor:  Sie können dir viel Trost im Leben, / und auch noch Trost im Tode geben, / wann hier dich nichts mehr trösten kann!

Adagio

Chor:  Schon zeigt der Blutberg sich von Weitem, / erschreck und zittre frommes Herz! / Sieh deinen Retter für dich streiten, / und werde ganz Gefühl, ganz Schmerz! / Hier hing, den Mördern hingegeben, / am Holze, Gottes Sohn, sein Leben, / und litt mit göttlicher Geduld.

Duetto (Basso-Alto): Was litt sein Herz in diesen Stunden, / nie hat´s ein Sterblicher empfunden, / und auch allein für unsre Schuld.

Chor:  Gelassen bei den größten Schmerzen, / fleht er für seine Feinde nun, / und ruft mit sanftmutvollem Herzen: / sie wissen, Gott, nicht was sie thun.

Basso-Solo: Der Göttliche! Der größte Bether / fleht liebreich noch für Missthäter.

Chor:  Werkzeuge seiner Schmach. / O Mensch! Den Rach und Zorn verführen, / lass dich durch dieses Beispiel rühren, / und bethe deinem Heiland nach!

 

Zweiter Theil

Andante

Sopran-Arie: Welch Beispiel kindlich frommer Triebe, / und unter Leiden ohne Zahl, / ihr Herr dem Jünger seiner Liebe, / die Mutter sterbend anempfahl! / Ach, wird mein Aug nicht um die meinen, / in meiner letzten Stunde weinen, / so soll dies Wort mir Trost verleihn. / Ach, als der Tod schon um ihn schwebte, / die Seinen noch zu schützen strebte, / wird auch mein Pfleger sein.

Chor:  Frohlockt! Frohlockt! Bußfertige Verbrecher, / wer glaubt, kommt nicht ins Gericht. / Hört, hört! Was zu dem gebeugten Schächer / Der Liebe Mund im Tode spricht:

Basso-Solo: Du wirst, so ruft er ihm entgegen, / noch heute, deines Glaubens wegen, / mit mir im Paradiese sein!

Soprano-Alto: O Herr, lass an des Todes Pforte / Einst diese trostesvollen Worte, / auch meiner Seele Trost verleihn.

Adagio

Chor:  Wer kann die hohen Leiden fassen? / Als Christus von dem Kreuze rief:

Basso: Mein Gott, mein Gott, wie hast du mich verlassen.

Chor:  Wie beugt ihn unsre Last so tief! / Was hat in diesen Schreckensstunden, / der große Sterbende empfunden! / Und doch ist er voll Zuversicht! / O du, sein Retter! Lass im Sterben, / auch mich, den Deinen, nicht verderben. / Mein Herr, mein Gott! Verlass mich nicht!

 

Dritter Teil

 

Adagio

Tenor-Solo: Der Herr des Himmels und der Erde, / von Allem, was erquickt entblößt, / wünscht, dass sein Durst gestillet werde, / wie theuer bin ich, o Gott, erlöst. / Der Heiland ruft noch um Erbarmen, / und tausend hilfsbedürftger Armen, / die Hunger, Durst und Mangel drückt. / O selig werden Ruf erfüllt, / dem, wer des Armen Mangel stillt, / der hat den Heiland selbst erquickt!

Chor:  Nun enden tief die schweren Leiden! / Der Heiland spricht:

Basso-Solo: Es ist vollbracht.

Chor:  O Wort des Sieges, Wort der Freude! / Du nimmst dem Tode seine Macht, / Heil uns, dem wer darf wagen, / und die Erlösten zu verklagen? / Er starb für uns, sind wir nicht sein! / Gib, dass am Ende meiner Tage, / auch ich, o Herr, mit Freuden sage: / Es ist vollbracht, ich bin nun dein!

Andante

Sopran-Solo: Das letzte Wort aus deinem Munde, / o mein Erlöser, sei auch mein. / Lass es in der Todesstunde, / mir Mut und Zuversicht verleihn.

Chor:  Du rufest:

Basso:   Vater, ich befehle / in deine Hände meine Seele

Chor:  die allen Menschen Heil erwährt.

Andante

Chor:  Nun wenn das große Werk vollendet, / wozu der Vater ihn gesendet, / da neigt er sanft sein Haupt und starb! [Generalpause]

Maestoso

Chor:  Komm, deinen Retter zu verehren, / wie kannst du ihn genug erhöhen, / wann ihn des Dankes zähren. / O Christ, du hast ihn sterben sehn,

geendet sind nun seine Tage, / und siegreich wird er nach drei Tagen / aus seinem Grabe auferstehen, / Den frechen Schächer hier entehrten, / den wirst du nicht bei den Verklärten, / zur Rechten seines Vaters sehn. / Amen.

 

Bilddokumentation

 

Maschek: Ave Maria, gewidmet der k.k. Hofburgkapelle in Wien

Schreiben der Stadt Weisskirchen an Vinzenz Maschek

Deffilier-Marsch, gewidmet König Franz Josef I.

Vinzenz Maschek: Graduale (Weisskirchen)

Vinzenz Maschek: Messe, gewidmet dem Kinderverein in Weisskirchen

Maschek: Messe, gewidmet König Franz Josef I.

Maschek: Messe, gewidmet dem Männergesang-Verein in Weisskirchen

Maschek: Messe für die Weisskirchner Bürgerschaft

Offertorium von Maschek, Gesangslehrer an der Israelitischen Syanagoge zu Temeswar

Maschek: Offertorium (Kathedrale Eger, Ungarn)

Offertorium von Maschek, Musiklehrer in Temeswar

Maschek: Oratorium für die Karfreitagsliturgie

Organo-Solo, Handschrift von Maschek

Maschek: Romanische [Rumänische] Weisen aus dem Banate (Klavier), gewidmet Königin Elisabeth

Weisskirche: Römisch-katholische Pfarrkirche St. Anna

Maschek: Tantum ergo

Maschek: Tantum ergo

Maschek: Offertorium, gewidmet dem Erzbischof von Erlau / Eger (Ungarn)

Maschek: Carnevalls-Erinnerungen, gewidmet Johann Strauss in Wien

 

Maschek: Wiegenlied, gewidmet König Franz Josef I. und Königin Elisabeth, anlässlich der Geburt von Rudolf

 

 

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2006

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