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E D I T I O N   M U S I K   S Ü D O S T

Eduard August Molnar

(17. August 1841, Weisskirchen, Banat – 12. Dezember 1912, Altenburg)

von Dr. Franz Metz

 

Es war im Dezember 1912, als in einer Altenburger Tageszeitung ein Bericht über das musikalische Wirken des verstorbenen Kapellmeisters Eduard August Molnar erschienen ist. Demnach soll dieser 10 Jahre lang die Oper des Hoftheaters in Altenburg geleitet und sich große Verdienste um das Musikleben in der Stadt erworben hat. Weiter heißt es, dass er ein Deutschungar sei und seine musikalische Erziehung in Krems empfing.

 

Kinderjahre in Weisskirchen

 

Sein Vater Georg Müller (1841-1863) wirkte u.a. in den Jahren 1840-1850 als Kirchenmusiker im südbanater Ort Weisskirchen (heute Wojwodina, Serbien) und danach in Linz, wo er sich um die Domorganistenstelle neben Anton Bruckner beworben hat. In Weisskirchen ist am 17. August 1841 sein Sohn Eduard August geboren. Im Matrikelbuch der katholischen Kirchengemeinde Weisskirchen wird er mit den beiden Vornamen Eduardus Gustavus genannt. In seinem Heimatort hat er wohl den ersten Musikunterricht von seinem Vater erhalten.

Weisskirchen im Banat (serbisch Bela Crkva, rumänisch Biserica Alba, ungarisch Fehértemplom) gehörte damals zur Militärgrenze und war eine blühende Kulturstadt. Die Musik spielte in diesem multikulturellen Ort eine wichtige Rolle und die meisten Bewohner konnten sich miteinander in deutscher, serbischer, rumänischer oder ungarischer Sprache verstehen. Die Organistenstelle an der katholischen St. Annakirche, wo Georg Müller gewirkt hat, war mit bedeutenden Musikern besetzt, die meist aus Böhmen kamen, so z.B. Martin Novacek, Vincens Maschek, Josef Weikert.

 

Schüler Anton Bruckners

 

Mit etwa 11 Jahren hat Eduard August Molnar mit seinen Eltern Weisskirchen verlassen. Im Jahre 1852 finden wir ihn als Schüler der Kreishauptschule in Budweis, 1854 als Schüler der Stadtpfarr-Musterschule in Linz, im Jahre 1855 an der Normal-Hauptschule in Linz und zwischen 1856-1859 am k. k. Gymnasium der gleichen Stadt. In all diesen Zeugnissen wird er als „Müller August aus Weisskirchen im Banate“ bezeichnet. Aus einer anderen Quelle wissen wir, dass dieser als Sängerknabe im Stift St. Florian bei Linz Orgelunterricht von Anton Bruckner erhalten hat. Somit ist er in die Fußtapfen seines Vaters getreten. Nach verschiedenen Quellen, soll er auch in Krems zur Schule gegangen sein.

In den späteren Jahren werden wir seinen Namen entweder als Müller-Molnar oder nur mehr als Molnar (korrekt Molnár) finden. Der Grund, weshalb er seinen Namen magyarisiert hat (Müller bedeutet in ungarischer Sprache Molnár), ist nicht bekannt. Dies war zwar in Ungarn damals bei vielen deutschen Musikern und Intellektuellen üblich, doch er lebte ja nicht mehr in Ungarn. Seine Frau Elisabeth, geb. Grimm, (*Zwickau, 22. Oktober 1857, +12. Oktober 1909) war als Opernsängerin tätig.

 

Kapellmeister an vielen städtischen Theatern Europas

 

Wir finden ihn später unter dem Namen Eduard August Molnar an bedeutenden Opernhäusern Europas. In der Spielzeit 1865/66 war er zweiter Kapellmeister am Stadttheater Riga. Hier komponierte er die Musik zu der Kinder-Komödie Die verwunschenen Königstöchter, die noch 1873 gespielt wurde.

Zwischen 1871-1873 finden wir ihn als Kapellmeister des Theaters in Freiburg i. Br. Im Adressbuch der Stadt wird sein Name versehentlich mit „Conrad August“ angegeben, mit der Wohnadresse Schlossbst. 22. Zum Abschluss seiner ersten Spielzeit führte er am 22. März 1873 das Werk des Komponisten J. Schmitt-Blank Der Alte von Windeck oder das Lied vom Elsaß, für Männerchor und Orchester auf und die Oper Die lustigen Weiber von Windsor von Otto Nicolai. Ende der Spielzeit 1873-1874 wurden des hohen Etats wegen keine Opernkräfte mehr engagiert und man lud die Oper von Straßburg mit Gastspielen nach Freiburg ein. Vermutlich war dies der Grund, weshalb Eduard August Molnar von Freiburg weggezogen ist.

 

Von Odessa bis Königsberg und Rotterdam

 

1883 bewarb er sich um die Organistenstelle der evangelisch-lutherischen Kirche in Odessa (Ukraine), wobei Pastor Lehmann aus Berent in seinem Empfehlungsschreiben vermerkt: „…Dabei ist er von freundlichem, gesetztem Wesen und lässt sich keine Mühe in seiner Kunst verdrießen.“ Ob er dann auch tatsächlich hier als Organist gewirkt hat, ist aber unsicher. In der Spielzeit 1884/85 war er Erster Kapellmeister am Stadttheater Chemnitz und irgendwann zwischen 1884 und 1890 am Theater in Brünn (Brno, Tschechien), an der Deutschen Oper in Rotterdam und in Aachen (jeweils für 3 Jahre). In der Zwischenzeit wirkte er als Opernkapellmeister auch in Posen, Stettin, Freiburg i.Br., Chemnitz, Danzig und Königsberg. Wir wissen, dass Eduard August Molnar von Theaterdirektor August Amann im Jahre 1886 nach Königsberg geholt wurde. Gleichzeitig wirkte hier auch Kapellmeister Richard Schulzweida. Ab 1888 war er an diesem Theater vermutlich nicht mehr tätig, da Gustav Starke und Kurt Oertel die musikalische Leitung der Opernvorstellungen übernommen haben.

 

Hofkonzerte und Opern in Altenburg

 

Das Herzogtum Altenburg in Thüringen wurde im Jahre 1826 wieder vollkommen selbständig. Das seit 1672 bestehende Fürstentum trennte sich nun von dem Hause Sachsen-Gotha und Herzog Friedrich von Sachsen-Hildburghausen wurde der neue Regent. Mit dem Jahre 1826 wurde wieder die Herzogliche Hofkapelle ins Leben gerufen, die bereits seit dem 17. Jahrhundert eine reiche Tradition vorweisen kann. Als Kapellmeister wirkten damals vornehmlich Kantoren und Organisten der evangelischen Stadtkirche, wie z.B. Johann Gottfried Krebs, dessen Kompositionen, laut Fritz Merseburger, bis nach Kronstadt in Siebenbürgen gelangt sind.

Ab 1826 bestand die Herzogliche Hofkapelle aus etwa 29 Musikern. Man trat regelmäßig in Hofkonzerten und sonstigen Kammermusiken auf und das Repertoire bestand aus Werken von Lindpaintner, Rossini, Auber, Marschner, Herold, Reißiger, Spohr, C. G. Müller, Mendelssohn-Bartholdy, Moscheles, Weber, Haydn, aus mehreren Symphonien Beethovens u.a. Später wird diese Hofkapelle, ähnlich wie jene in Meiningen, zu einem Zentrum für zeitgenössische Musik und selbst die Vertreter der Neudeutschen Schule waren hier beheimatet.

Im Schlossgartentheater spielten die Musiker der Hofkapelle im Orchestergraben bei den Aufführungen bedeutender Opern, wie jene von Mozart (Figaros Hochzeit, Don Juan, Zauberflöte), Méhul (Joseph in Ägypten), Gläser (Des Adlers Horst), Boieldieu (Johanna von Paris, Die weiße Dame), Weber (Oberon, Freischütz), Thomas (Der Cid), Auber (Des Teufels Anteil), Rossini (Wilhelm Tell, Barbier von Sevilla), Halévy (Die Jüdin), Ditters von Dittersdorf (Doktor und Apotheker), Adam (Postillion von Lonjumeau), Herold (Zampa), Donizetti (Die Regimentstochter, Lucrezia Borgia, Belisar, Lucia di Lammermoor), Flotow (Martha, Stradella).

Mit den Werken Liszts und Wagners hatte das Altenburger Publikum so seine Probleme. Nach eine Konzert mit Werken Liszts berichtete man, dass diese die Zuhörer nicht ansprachen und das Publikum „so ungeheure Tonmassen“ nicht aufnehmen könne. Nach einer Aufführung der Tannhäuser-Ouvertüre Wagners schrieb man: „… es ging den Hörern wie ein Mühlrad im Kopfe herum. Der Hörer lernt durch die Aufführung wahre Musik erst recht würdigen“.

 

Von Stade bis Molnar

 

Die Hofkapellmeister waren meist gut ausgebildete Musiker, die selbst zu Musikgrößen des 19. Jahrhunderts wie Schumann, Liszt oder Wagner freundschaftliche Beziehungen hatten. Sie kamen nach Altenburg mit abgeschlossenen Musikstudien in Leipzig, wirkten davor an bedeutenden europäischen städtischen Theatern. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hab es in Altenburg auch mehrere Chorvereinigungen, so die Singakademie, den Gesangverein Orpheus (gegr. 1838), den Altenburger Männergesangverein (gegr. 1863), die Altenburger Liedertafel (gegr. 1843), die Gesangvereine Harmonie und Arion (gegr. 1850). Somit waren um 1870 über 700 Altenburger Bürger in solchen Chorvereinigungen engagiert. In den Jahren 1868 und 1876 hielt der Allgemeine Deutsche Tonkünstlerverein seine Hauptversammlungen in Altenburg ab. Zweifellos war dies der Verdienst des damaligen Hofkapellmeisters Wilhelm Stade, der dieses Amt seit 1863 inne hatte. Als zweiter Kapellmeister war Toller tätig tätig.

Zur Zeit des Hofkapellmeisters Stade wurden viele zeitgenössische Werke aufgeführt, wie z.B. die Seligpreisungen aus Liszts Oratorium Christus, dessen Oratorium Die Legende der Heiligen Elisabeth, einige sinfonische Dichtungen (Der entfesselte Prometheus, Hunnenschlacht), Schumanns Manfred, Paradies und die Peri, Werke von Bach und Händel, große Werke von Mendelssohn-Bartholdy (Elias, Paulus), Haydns Oratorien Die Schöpfung und Die Jahreszeiten, die Symphonie phantastique und das Requiem von Berlioz, einige Symphonien Mozarts und dessen Requiem, die „erste sinfonische Dichtung“ Sadko von N. Rimski-Korsakow und nicht zuletzt Wagners Liebesmahl der Apostel und das Vorspiel zum Tristan. Ende des Jahres 1888 legte Stade sein Amt als Dirigent der Hofkapelle nieder und er erschien nur mehr selten bis zum Jahre 1893 am Dirigentenpulte. Bis zu seinem Tode am 24. März 1902 blieb die Hofkapellmeisterstelle unbesetzt. Er wurde ab 1893 am Theater von Kapellmeister Eduard August Molnar vertreten. In dieser Zeit trat u.a. auch der damals berühmte Dirigent Arthur Nikisch auf, der den Altenburgern noch lange Zeit in Erinnerung bleiben wird.

 

Molnar als Altenburger Kapellmeister

 

Fritz Merseburger widmete Kapellmeister Eduard August Molnar im Jahre 1937 einige Zeilen, die für die Recherchen zu dessen Wirken in Altenburg sehr wichtig sind. Er schreibt dazu: „Was die Aufführung der Werke anbetrifft, so ist zuerst einer Tat zu gedenken, die in einem Konzert für die Witwen und Waisen unter E. A. Molnar geschah. Er brachte die 2. Symphonie von Johannes Brahms heraus, dessen Werke man bisher vergeblich in den Konzerten der Hofkapelle gesucht hatte. Molnars Tätigkeit hat wohl überhaupt in Altenburg nicht die rechte Würdigung erfahren, da er nur als Stütze und zur Entlastung des alternden Hofkapellmeisters sein Amt verwaltete. Dennoch ist sein Wirken von hoher Bedeutung gewesen. Unter seiner Leitung fand Richard Wagner an der Altenburger Bühne einen bleibenden Platz. Die Aufführungen von Lohengrin, Tannhäuser, Ring des Nibelungen, Fliegender Holländer und Meistersinger seien ihm immer gedankt, und wenn man bedenkt, dass das mit einem Orchester von 32 Mann geschah, so ist es bewunderungswürdig. Erinnert sei noch an die Erstaufführung der „Foklunger“ von E. Kretschmer, des „Heideschachtes“ von Fr. von Holstein, des „Evangelimann“ von W. Kienzl und der „Versunkenen Glocke“ von H. Zöllner. Molnar dirigierte die meisten Werke aus dem Kopfe. Sein Lehrer und Meister war kein Geringerer als Anton Bruckner.“

Das Thüringische Staatsarchiv Altenburg bewahrt zahlreiche Aufzeichnungen des Lokalhistorikers Karl Gabler, der sich ausführlich mit der Hofkapelle und der Altenburger Musikgeschichte auseinandergesetzt hat. Auf der Karteikarte zu Molnars Wirken in Altenburg finden wir wichtige Hinweise und Informationen zu dessen Wirken als Kapellmeister der Altenburger Hofkapelle:

Molnar E. A., 1. Kapellmeister 1893-1903

Vertreter von Dr. Stade, der längst nicht mehr im Theater dirigierte, hat den Titel als „Hofkapellmeister“ nie erhalten. Er selbst bezeichnete sich als Schüler Anton Bruckners.

Seine Tochter Rosa war eine Spielzeit (1901-1902) als Sängerin engagiert.

1901 bat er um Erteilung einer Konzession als Theaterunternehmer. Er wollte mit hiesigen Mitgliedern in Halberstadt während des Sommers Opern und Operetten zur Aufführung bringen. Er erhielt die Konzession und musste dafür 6 M. Stempelgebühren bezahlen. Unter ihm habe Richard Wagner einen bleibenden Platz am hiesigen Hoftheater erhalten.

28.04.1903 Abschiedsvorstellung mit Zöllners „Versunkene Glocke“.

Er blieb hier wohnen, wo er am 3.12.1912 starb.

1904 Direktor des Philharmonischen Orchesters in Greiz.

1908 wohnte er hier in der Moritzstr. 5

Außerdem berichtet Karl Gabler, dass Molnar mehrere Auszeichnungen des Herzogs für sein erfolgreiches Wirken erhalten hat, darunter die die Krone zum Sachsen-Ernestinischen Hausorden (1898), Silberne Medaille für Kunst und Wissenschaft (1899), das Silberne Verdienstkreuz des Herzoglich-Ernestinischen Hausordens (1903). Karl Gabler berichtet über Molnar auch in seinen Aufzeichnungen über Altenburger Musiker. Darin bezeichnet er Molnar als „Deutschungar“, der 1841 in Weißkirchen, im damaligen Ungarn (heute im serbischen Teil des Banats gelegen), geboren wurde und seine künstlerische Ausbildung in Krems a. d. Donau und bei Anton Bruckner erhalten hat. Gabler bemerkte, dass Molnar nie den Titel eines Hofkapellmeisters erhalten hat und in Altenburg zwischen 1893-1903 wirkte: „Er war ein routinierter Opernleiter ohne künstlerische Eigenart“. Sein letztes Dirigat fand am 28. April 1903 statt, er dirigierte dabei Zöllners Musikdrama Die versunkene Glocke. Wir erfahren aus diesen Aufzeichnungen auch, dass sein Frau, geb. Grimm, mit den Autoren der Deutschen Märchen, den Gebrüdern Grimm, verwandt war und davor als Opernsängerin gewirkt hat. Molnar sei vor seiner Ankunft in Altenburg als Kapellmeister an den Theatern in Königsberg, Aachen, Brünn und Rotterdam tätig gewesen. In einem Konzert am 19. Januar 1899 am Preußischen Hof dirigierte Molnar Wagners Trauermarsch aus der Götterdämmerung und Goldmarks Im Frühling.

 

Untertänigste Bitten an seinen Herzog

 

Die Thüringischen Staatsarchive Altenburg bewahren in ihrem Bestand „Herzogliches Hoftheater“ auch einige interessante Handschriften Eduard August Molnars, wie Briefe, Bittgesuche an den Herzog und Noten. Bereits zwei Jahre nach dem Beginn seiner Tätigkeit als  Kapellmeister bat Molnar am 22. Juli 1895 den regierenden Herzog um ein mehrjähriges Engagement als Kapellmeister, da ihm und seiner Familie die bisherige Situation keine Sicherheit gewähren kann, auch weiterhin in Altenburg bleiben zu können. So musste bisher jährlich das Engagement verlängert werden, was zu einer finanziellen Unsicherheit geführt hat. Dies betraf auch seine Kinder, die hier einen guten Schulunterricht genießen konnten und auch weiterhin in diesem Ort bleiben wollten. Zum Schluss bemerkt Molnar: „… Wenn auch meine jetzige Gage bedeutend kleiner ist, als die ich an den Stadttheatern in Königsberg, Brünn, Rotterdam und Aachen bezogen habe, so bin ich durch meine bescheidene Lebensweise doch in der Lage, damit zufrieden zu sein, zumal ich eine sehr sparsame Hausfrau habe.“

Einige später, am 1. August 1895, berichtete Molnar dem Intendanten über die neuen Stellenbesetzungen in den Reihen der Musiker der Hofkapelle. Im selben Schreiben wird auch seine Tochter Rosa erwähnt, die einige Rollen im Theater übernommen hatte und als Solistin in den Jahren 1901-1902 aufgetreten ist.

Ähnliche Probleme sind auch in seinem Schreiben an Baron von Kageneck vom 14. Juli 1897 zu entnehmen. Baron von Kageneck war für das Herzögliche Hoftheater und die Hofkapelle zuständig. Auch diesem sollte ein neuer Musiker engagiert werden: „… Was den Musiker Bruno Hönig betrifft, so kann ich nur sagen, dass er durchaus nicht von Vortheil für die Hofkapelle ist, wenn derselbe engagirt wird, da sein Können tief unter Null steht.“ Außerdem erfahren wir, dass Molnar die Sommersaison als Dirigent in Halberstadt verbrachte, wo er ab dem 1. August seinen Dienst angetreten ist.

An denselben Adressaten ging auch sein Schreiben vom 14. Juli 1899. Darin bat er Baron Kageneck beim Herzog ein gutes Wort einzulegen, um die hohen Krankenkosten zu übernehmen. Dies war damals nichts Alltägliches, trotzdem hat der Herzog sein Gesuch bewilligt und auch sämtliche Krankenkosten seines Kapellmeisters übernommen. Wie eine solche  „unterthänigste Bitte“ eines Untertanen an seinen Herrn im Jahre 1899 ausgesehen hat, erfahren aus diesem Schreiben:

 

Ew. Hochwohlgeboren!

Die Anstrengungen der letzten drei Saison, namentlich die von 98-99 und die darauf folgende Opern-Saison in Frankfurt a./O., die ich notgedrungen annehmen musste, um einen Monat länger in Gage zu bleiben, haben meine Gesundheit, meine Nerven derart mitgenommen, dass ich seit Mitte Mai an Krankenlager gefesselt bin, und nur der aufopfernden Pflege meiner Frau und Tochter es danke, dass ich jetzt soweit hergestellt bin, um die zweite Opern-Saison, die ich ebenfalls nur des Verdienstes halber annehmen muss, - meine Gage am Hoftheater hört vor Palmsonntag auf – leiten kann, und wenn auch kaum als Ausübender, sodoch als Leitender; denn ich zweifle, dass ich jetzt schon die Thätigkeit, 20-25 Opern in fünf Wochen zu dirigiren, aushalten kann.

Diese Krankheit, die größtentheils durch die Anstrengungen am Hoftheater erfolgte, hat aber meine kleine Ersparnisse derart mitgenommen, zumal ich auch einige Musik-Stunden eingebüßt, dass ich Euer Hochwohlgeboren die unterthänigste Bitte zu unterbreiten gezwungen bin, mir hüflreich beizustehn, um die Kurkosten bestreiten zu können.

Meine Vorgänger haben, so viel mir berichtet wurde, nach dem dritten Jahr ihres Engagements am Hoftheater für den Sommer eine Sustentations-Gage erhalten! Ich bin sechs Jahre engagirt und habe für das siebente Jahr wieder abgeschlossen, bin aber noch immer ohne Sommergage. Wäre dies erfolgt, so brauchte ich keine Monats-Oper anzunehmen, sondern könnte mich den Sommer über stärken, um neu gekräftigt die kommende Winter-Saison zu beginnen.

Und so gestatte ich mir die unterthänigste Bitte an Euer Hochwohlgeboren zu richten, die mir durch meine Krankheit erstandenen Kosten durch Fürsprache bei unserem allergnädigsten Herzog gütigst ersetzen zu wollen.

Ich brauche nicht erst zu betheuern, dass ich nach wie vor meinen Verpflichtungen im höchsten Maße nachkommen werde; meine Thätigkeit in den verflossenen Jahren hat es zur Genüge bewiesen.

Euer Hochwohlgeboren unterthänigster,

E. A. Molnár,

Kapellmeister am Hoftheater

 

In einem weiteren Brief an seinen Intendanten Baron von Kageneck vom 12. Februar 1900 beklagt sich Kapellmeister Molnar über den Musiker Grevesmühl von der Hofkapelle, der „… aber die Figuren in dem angegebenen Tempo nicht herausbringen konnte, klang es ganz schrecklich“. Er bat deshalb den Intendanten, „… Herrn Grevesmühl in seine Schranken zu weisen, um weitere Consequenzen zu vermeiden.“ Laut dem Aktenvermerk wurde daraufhin dem Musiker „eine ernstliche Rüge erteilt.“

 

Widmung an Bismarck

 

Nachdem Hofkapellmeister Stade verstorben war, bat Eduard August Molnar den regierenden Herzog Ernst von Sachsen-Anhalt, man möge ihm wenigstens die zweite Kapellmeisterstelle überlassen, da er seit 10 Jahren erfolgreich am Altenburger Hof tätig war. Anfang Januar 1903 antwortete ihm aber das Herzogliche Hausministerium, dass eine solche Stelle nicht vorgesehen war und in diesem Fall keine Änderungen vorgenommen werden.

Im Thüringischen Staatsarchiv Altenburg wird auch eine Komposition Eduard August Molnars aufbewahrt: Erika. Unsers Bismarck Lieblingsblume. Es handelt sich dabei um ein Lied mit Klavierbegleitung, in welchem Fürst Bismarck und dessen Lieblingsblume im Mittelpunkt stehen – also eine musikalische Huldigung an den damaligen Reichskanzler, komponiert von einem „Deutschungarn“:

 

Ein Blümlein wächst in deutschen Gau´n,

mit starker Wurzel zarter Blüte

und wunderlieblich anzuschaun:

wie glänzt´s des deutschen Volks Gemüte!

Im Sachsenwald der greise Held,

er liebt die schlichte Blum im Feld. (…)

 

Am 28. April 1903 hat er zum letzten Mal den Taktstock geführt, als das Musikdrama Die versunkene Glocke von Zöllner aufgeführt wurde. In einem damaligen Zeitungsbericht konnte man lesen: „In aller Herzen hat sich der Scheidende als Mensch und als Künstler ein bleibendes Denkmal gesetzt.“ Er blieb weiterhin in Altenburg wohnhaft und behielt die Leitung der Sommeroper in Halberstadt. In einem Abmeldeschein aus dem Jahre 1901 wird vermerkt, dass er seit 1892 als Herzoglicher Kapellmeister in Altenburg tätig war und nun mit seiner ganzen Familie nach Halberstadt ziehe, d.h. mit seiner Frau Elisabeth (geb. Grimm, geb. in Zwickau) und den beiden Söhnen Eduard August (geb. 1889 in Aachen) und Georg (geb. 1892 in Brandenburg). Im September 1903 kam er nach Altenburg zurück und gab Gesangs- und Klavierunterricht. Am 1. März 1904 hat man ihn zum Kapellmeister des Philharmonischen Orchesters in Greiz ernannt. Seine Nachfolger in Altenburg werden Dr. Göhler und Rudolf Groß.

Auf der Fotomontage einer Postkarte aus Altenburg sehen wir um das Bild des Kapellmeisters E. A. Molnar die Portraits seiner Solisten, wie H. Armgard, Jena, Friedrich, B. Ballenstädt, W. Stengel, Köstlin, P. Penz, F. X. Stury, E. Hoffmann, H. Grosse, H. Koerner, A. Werner-Cordes, G. Kahl, P. von Bongart, A. Garbrecht, M. Hohl, C. Schwartz, A. de Scheirder.

Eduard August Molnar starb am 12. Dezember 1912 in Altenburg.

Wir wissen, dass Eduard August Molnar Lieder und Salonstücke für Klavier komponiert hat. Ein Teil seines musikalischen Nachlasses wurde viele Jahre von seinem Sohn Eduard August verwaltet, der ebenfalls komponiert hat. Da beide den gleichen Namen trugen, ist es schwer auseinanderzuhalten, ob eine Komposition vom Vater oder vom Sohn stammt. Manche dieser Handschriften sind zwar mit der Signatur „Eduard August Molnar jun.“ unterzeichnet, andere aber ohne den Vermerk „jun.“

 

BILDDOKUMENTATION

Schulzeugnis, Linz 1856

Unterschrift der Lehrer auf dem Schulzeugnis, Linz 1856

Empfehlungsschreiben für die Besetzung der Kirchenmusikerstelle in Odessa, 1883

Kapellmeister Molnar mit seiner Familie in Aachen

Hofkapellmeister Molnar, 1902

Das Personal des Herzoglichen Hoftheaters von Altenburg

Eduard August Molnar, um 1900

Todesanzeige in der Altenburger Zeitung

Unterschrift von Kapellmeister Molnar (Altenburg)

Das Herzogliche Theater in Altenburg,

um 1900...

... und im Jahre 2014

Das Altenburger Theater

Aachen: Stadttheater

Brünn / Brno: Stadttheater

Chemnitz: Altes Stadttheater

Danzig: Stadttheater

Freiburger Stadttheater

Königsberg: Stadttheater

Posen: Stadttheater

Riga: Stadttheater

Stettin: Stadttheater

Molnar setzte sich als Kapellmeister für die Opern Richard Wagners ein

16. Januar 1902: Molnar dirigiert in Altenburg Wagners Oper Tannhäuser

28. April 1903: Molnars letzte Vorstellung in Altenburg

 

Dank an das Thüringische Staatsarchiv Altenburg

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2013

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